Die gute Zufriedenheit - Fluch und Segen zugleich
- janinewirtz
- 21. Sept.
- 9 Min. Lesezeit
Neulich saß ich mit meinem Sohn am Küchentisch. Wir unterhielten uns und plötzlich meinte mein Sohn zu mir:„Mama, bist du zufrieden damit?“
Ich: „Mmh, ja.“
Er: „Und bist du glücklich damit?“
Daraufhin gabs eine kurze Stille. Mein Herz antwortet schneller als mein Kopf.„Ne.“
Er: „Auf einer Skala von 1 bis 10?“
Ich: „6.“
Er: „Dann solltest du daran arbeiten.“
Ey, ganz ehrlich: Mit 10 Jahren haut der mir eine Wahrheit um die Ohren, für die ich sonst ein Coaching bezahle. Und das am Küchentisch. Zwischendurch. Und ja, ich gebe auch viel Geld für meine Weiterbildung aus und ich liebe es. (Kann es doch jedem nur empfehlen.)
Das war aber ein Moment, der mich – auf der einen Seite stolz gemacht hat und auf der anderen Seite war es wie ein Schlag ins Gesicht. Stolz … weil es mein Sohn war, der einfach die richtigen Fragen stellt. Und ein Schlag ins Gesicht, weil ich nie eine 6 will. Ich will mich nicht zufriedengeben und predige es meinen Kindern und dennoch bin ich selbst auch mal wieder auf meiner 6 hängengeblieben.
Zufriedenheit – der Wolf im Schafspelz
„Passt schon.“
„Ich kann mich nicht beschweren.“
„Ist doch alles gut.“
Kennen wir, oder? Diese Sätze klingen harmlos. Beruhigend. So, als hätten wir’s verstanden. Aber ganz ehrlich: Zufriedenheit ist wie ein verdammtes Schlaflied.
Es wiegt dich sanft in den Alltag. Und während du gemütlich wippst, verpasst du dein eigenes Leben. Hättest doch mehr haben können. Und damit meine ich DAS, worauf du wirklich Bock hast und nicht das, was gerade da ist. Oder wie es die Situation her gibt.
Zufriedenheit ist nett. Aber nett war noch nie geil. Nett ist die kleine Schwester von Scheiße. So heißt es doch, oder?
Warum wir uns kleiner machen, als wir sind
Warum wir unsere Wünsche ständig herunterschrauben. Als wären sie verhandelbar. Als würden wir uns nicht schätzen. Hat das nicht auch etwas mit Wertschätzung zu tun, wenn man sich seine Wünsche erfüllt? Wenn man sich einfach das nimmt und alles möglich macht, damit wir - damit du ein 10/10 Leben führst?
Aber mal zurück zum Ursprung.
Das alles fängt nicht erst im Erwachsenenalter an. Schon als Kind hörst du:
„Sei bescheiden.“
„Nimm nicht den größten Lolli.“
„Du musst es auch ständig übertreiben.“
„Man kann nicht alles haben.“
„Träum nicht so groß, dann kannst du nicht enttäuscht werden.“
„Du bist aber gierig.“
Und dann wirst du erwachsen und redest dir ein, dass 6/10 eine clevere Entscheidung ist. „Lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach.“ Heißt es nicht so?
Schließlich haben wir es doch so gelernt. Wir wollen ja auch nicht zu DENEN gehören, die übertreiben, zu viel wollen. Die Menschen, die immer übertreiben müssen. Die, die kein Ende finden und mit ihrem Geld herumschleudern. Die, die an der Realität vorbeileben.
Ist es nicht so?
Wenn du zu denen gehörst, dann wirst du jetzt ausgeschlossen. Du willst doch dazugehören. Du willst ja nicht, dass die Menschen schlecht über dich reden. Und schon sind wir im Kreislauf. Der Kreislauf, in dem du das Leben der anderen lebst und auf dich grandios scheißt.
Und dadurch, dass du dein ganzes Leben schon zufrieden warst, nicht übertrieben hast und fein den kleineren Lolli genommen hast … hat sich dein Gehirn daran gewöhnt.
Und wie wir wissen, will unser Gehirn immer Sicherheit. Dein Gehirn sagt dir ständig: „Bleib da, wo’s sicher ist. Bleib bei der 6. Dann ist dein Umfeld glücklich. Du bist nicht abgehoben, du bist doch zufrieden. Schließlich kann man nicht alles haben. Du willst doch nicht zu denen gehören. Du lebst in der Realität Oder?“
Bekannt = sicher. Unbekannt = Bedrohung.
Das ist Biologie, nicht dein Charakter. Du wurdest so erzogen.
Dein Nervensystem scannt ständig: Gefahr oder nicht? Eine 6 kennt es. Eine 10 ist quasi neu.
Neu = potenziell gefährlich. Zack – dein System landet im Stressmodus. Herzrasen. Zweifel. Grübelkarussell. 1000 Gedanken. Und schon hockst du wieder auf der 6 und sagst: „Na ja, passt doch.“
Düdümm …
Dein Gehirn liebt die 6 – hier die Wahrheit in Klartext
Gewohnheiten und Automatismen, die immer gleich laufen, sind super für dein Gehirn. Es laufen ständig Abläufe ab, über die du nicht mehr nachdenken musst. Darunter fällt das Pinkeln, Atmen, Trinken, Schlucken und all die Abläufe, die sich implementiert haben und fein automatisch ablaufen.
JA... auch die Schoki zum Kaffee oder der 20:15 Film gehört dazu. Es sind Gewohnheiten. Wie das Bier, wenn man entspannt zusammen sitzt.
Das hat folgende Gründe:
Energiesparmodus: Dein Gehirn ist faul. Immer. Nicht, weil du faul bist, sondern weil dein Gehirn Kalorien sparen will. 6 = billig. 10 = teuer.
Verlustangst: Dein Gehirn findet Verlust schlimmer als Gewinn. Heißt: Der Gedanke, dass du bei der 10 auf die Schnauze fallen könntest, wiegt schwerer als die Vorstellung, dass die 10 dein Traumleben sein könnte. Außerdem musst du ie Dinge, die dich im 6er festhalten - gehen lassen. Und Entscheidungen treffen fällt den meisten Menschen nicht leicht. Eine Entscheidung zu treffen bedeutet eben auch immer, dass du dich von etwas scheiden lässt. Situatuionen. Gewohnheiten. Menschen.
Dopamin-Falle: Likes auf Insta, To-do-Listen-Häkchen, drei Kundenanfragen im Monat – kleine Mini-Belohnungen. Dein Gehirn denkt: reicht doch. Kurzfristig bist du befriedigt, langfristig frustriert. Die meisten Dinge, die dir einen kurzen Dopamin Kick verpassen - bringen dich im Leben einfach nicht weiter.
Tribe-Programmierung: Groß werden, mehr wollen... könnte bedeuten, dass andere dich nicht mehr mögen. Und Ausgeschlossensein = früher Tod. Ja, früher wurdest du gefressen, wenn du allein unterwegs warst. Wenn du vom Rudel verstoßen wurdest, dann kam der Tiger und hat dich gefressen.
Heute bedeutet es nicht mehr, dass du sterben wirst, aber dein Gehirn hat das Update nie bekommen. Deshalb das komische Bauchgefühl, wenn du größer träumst.
Sprich: Dein Gehirn sabotiert dich nicht, weil du „schwach“ bist. Sondern weil es evolutionär auf „Überleben“ und nicht auf „erfüllt leben“ ausgelegt ist.
Deshalb ist es auch so schwer, etwas zu ändern. Weil du die Automatismen überschreiben musst und das geschieht nicht von heute auf morgen. Ja… du musst aktiv daran arbeiten. Täglich. Ständig. Das ist im ersten Moment anstrengend, mit vielen Zweifeln verbunden, und hier brauchst du Durchhaltevermögen.
Das kann anfangs ziemlich dreckig werden.
Und damit meine ich nicht, dass du dich nicht mehr wäscht. Sondern, dass die Gedanken in deinem Kopf dreckig werden können. Schmutzig. Ständig hörst du, warum du jetzt aufgeben solltest. Dein Gehirn sucht Beweise und das die ganze Zeit. Es zeigt dir auf, dass Menschen schlecht über dich reden. Du denkst, dass du ständig beobachtet wirst oder nicht gut genug dafür seist.
Das beste Beispiel ist doch der Sport. Bevor es zur Gewohnheit wird und für dich völlig normal ist, dass du Sport treibst – musst du erstmal den inneren Schweinehund überwinden. Im Business sehe ich es ganz oft, wenn es um das Thema Verkaufen geht.
Bevor Verkaufen Spaß macht und meine Kunden sich die Hände reiben und so heiß darauf sind, neue Angebote zu entwickeln und zu verkaufen … durchlaufen sie erstmal das Land der 1000 Ausreden, warum sie nicht gern verkaufen, gehen dann den Umweg durch den Wald der 99 Glaubenssätze – bis sie den Spielplatz des Geldes entdecken.
Ja… ja… deshalb denk immer daran: Bevor es schön wird und so wird, wie du es willst, muss es dreckig werden. Abriss verursacht immer Dreck. Wie auf einer Baustelle.
Die Gedanken, die keiner zugibt
Lass uns mal Klartext reden. Was Menschen auf einer 6 denken, aber nie sagen:
Abends im Bett: Sie liegen im Bett, scrollen durch Social Media und ergötzen sich am Leben der anderen. Diese Reality-Shows, in denen du abdriften kannst. Manchmal kickt dann doch der Wunsch und dann liegen sie da und fragen sich: „War das jetzt alles?“
Beim Blick aufs Konto:„Es reicht. Aber geil fühlt sich anders an.“ Ich kenne niemanden, der es geil findet, wenn er oder sie durch die Markthalle läuft und rechnen muss. Ich kenne niemanden, der es geil findet, ständig Abstriche zu machen. Und trotzdem tun sie es. Beim Einkaufen, beim Shoppen, bei der Wohnung, den Reisen, dem Partner, den Kunden, dem Auto, den Nahrungsergänzungsmitteln … ständig. Und trotzdem nehmen sie es hin. „Hauptsache gesund.“ Aber dass du dir Gesundheit heutzutage auch erkaufen musst … das vergessen die meisten.
Beim Scrollen auf Insta:„Die trauen sich groß. Ich nicht. Ich bleib mal vernünftig. Wenn das jeder machen würde, wo würden wir dann hinkommen? Die machen immer komische Sachen.“ Und doch zerreißt es die Menschen innerlich. Ganz leise. Weil dieser Anteil da ist. Sie wollen es. Diese 10/10. Ansonsten würde es nicht so viel mit ihnen machen, wenn sie andere dabei beobachten. Denk immer daran: Wenn es etwas mit dir macht, dann macht es etwas mit dir. Neid zeigt dir nur auf: Das könnte ich sein.
Im Gespräch mit Freunden:„Ich will mehr. Aber ich sag’s nicht, sonst steh ich da wie die Abgehobene.“ Dann reden sie schlecht über mich. Dann wollen sie mit mir nichts mehr zu tun haben. Dann … tja, dann.
Und hier muss es sofort schnipsen. Stell dir die eine Frage: Sind es dann wirklich die Menschen, mit denen du deine wertvolle Zeit hier auf Erden verbringen willst? Sind es diese Freunde, die du willst? Oder umgibst du dich mit diesen Menschen, weil gerade die 10/10-Menschen nicht da sind?
Im Supermarkt:„Ich kauf die Bio-Äpfel lieber nicht. Was soll schon besser sein und dafür gleich 2 Euro mehr zahlen?“ Gesundheit ist teuer. Und doch sparen viele Menschen genau hier und fangen an zu rechnen. Geben sich mit der 6 zufrieden. Und dann stopfen sie sich Zucker, Alkohol und Nikotin in den Körper. Um das Gefühl der 6 zu unterdrücken und sich ihr Leben „schön“ zu trinken oder zu essen. Anstatt sich bewusst zu werden und sich endlich wertzuschätzen. Sich selbst die Wertschätzung zu geben und endlich die 10/10 anzustreben. Dann müsste man sich das Leben auch nicht mehr schön trinken.
Mit den Kids:„Ich erzähl ihnen, sie sollen groß träumen und leb selbst auf Sparflamme.“ Oh … wenn du wüsstest. Doch weißt du. Schließlich bist du das Endergebnis deiner Eltern und all der Menschen, mit denen du Kontakt hattest und Kontakt hast. Da, wo du jetzt stehst.
Halte mal inne: Was lebst du deinen Kindern vor? Willst du, dass sie es so übernehmen? Wärst du glücklich, wenn sie ständig rechnen müssten? Viel Alkohol trinken? Keine 10/10-Beziehung führen? Ständig zurückstecken? Sich selbst nicht wertschätzen?
Wünschst du dir das für sie?Kinder hören nicht darauf, was du ihnen sagst. Sie beobachten dich.
Kopf vs. Herz – der tägliche Krieg
Dein Kopf und dein Herz sind ständig im Kampf. Dein Kopf redet dir ein, dass eine 6 solide ist. „Reicht doch, was willst du noch mehr …“ Tja, und dann kommt dein Herz. Und hier ist es wichtig, dass du in Zukunft darauf achtest: DEIN HERZ WEIß NOCH VOR DEINEM VERSTAND, was gut für dich ist.
Einige bekommen Gänsehaut. Andere ein Kribbeln im Bauch. Anderen wird warm.
Dann ist das dein Ding! Dein Herz weiß genau, was du brauchst.
Man sagt: Gänsehaut ist die Sprache der Seele.
Und genau dazwischen stehst du. Und das ist nicht nur anstrengend – das macht dich müde. Nicht dein Job. Nicht deine Kinder. Sondern diese ewige Dissonanz: „passt schon“ gegen „ich will mehr“.
Und in Zukunft ist es deine Aufgabe, darauf zu achten, dass du nicht mehr müde bist, sondern dich wertschätzt und dein fuckin 10/10 lebst.
Warum die 10 nicht übertrieben ist
Viele haben Angst, dass 10 automatisch „abgehoben“ heißt. Lamborghini, Privatjet, Fünf-Sterne-Suite. Zu viel. Oder vielleicht willst du auch einfach lieber den Bauernhof.
Die 10 kann aber auch sein:
Ein Business, das dich frei macht, ohne dass du früh los musst. Sondern dein Slow Morning, den du mit deinen Kindern leben kannst.
Eine Beziehung, in der du dich lebendig fühlst, geliebt und in der du einfach glücklich bist. Keine Zweck-Beziehung.
Ein Alltag mit Pausen, Freiheit und Raum zum Atmen.
Die 10 heißt nicht „mehr, mehr, mehr“. Die 10 heißt: Stimmigkeit.
Es bedeutet: Dein Leben leben. Das, was dich komplett glücklich macht.
Und das ist gesünder als jede 6.
Warum die Gesellschaft dich für eine 10 abstraft
Hand aufs Herz: Wenn du größer denkst, bekommst du Sprüche wie:
„Sei dankbar für das, was du hast.“
„Willst du nicht zu viel?“
„Das ist doch unrealistisch.“
Das kommt nicht, weil du falsch bist. Sondern weil dein Mut andere erinnert, wo sie selbst noch kleinspielen.
Dein Wachstum ist ihr Spiegel.
Und Spiegel nerven, wenn man lieber schläft.
Dein Reality-Check
Mein Sohn hat mich erinnert: Eine 6 ist bequem. Aber eine 6 ist nicht glücklich.
Also frag dich: Wo stehst du gerade? Ehrlich. Und was wäre, wenn du dir erlaubst, für die 10 zu gehen – in allen Bereichen?
Und bitte: red dir nicht ein, dass du „zu viel“ bist. Du bist nicht zu viel. Du bist genau richtig. Die 6 ist zu wenig.
Fazit
Zufriedenheit ist nett. Aber nett war noch nie geil. Wenn du Vorbild sein willst – für deine Kids, für dich selbst, dann lebe nicht auf einer 6.
Geh für die 10.
Im Leben. Im Business. In allem.
Denn mal ehrlich: Wozu sonst sind wir hier? Bist du hier, um dich -zufrieden zu geben? Etwas zu leben, was du nur so... naja findest.
Wirklich?
Was willst du? Was wäre deine 10/10?
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